Nicht schon wieder Urlaub!
Ich bin eine bekennende Nesthockerin. Ich mag es gar nicht, meine Strukturen von A nach B zu transferieren und schon gar nicht lasse ich meinen Garten gerne alleine. Er ist die Oase meiner Glückseligkeit und zwar eine, die kaum bearbeitet werden muss, was ihn für mich doppelt attraktiv macht! Sollte ich also Erholung auswärts brauchen, gondle ich durchs Weinviertel, wo ich mich dann fotografisch austobe. Oder ich rede da mit den Menschen, lasse mich informieren und gönne mir als Highlight im örtlichen Wirtshaus ein saisonalen Schmankerl. Dabei habe ich das wunderbare Gefühl, dass mein Job was ganz Besonderes ist.
Einmal im Jahr jedoch erfordert meine Langzeitehe einen gemeinsamen Urlaub und weil ich nicht länger als sieben Stunden in einem Stück mit dem Auto fahren möchte und Flüge komplett ablehne, bleibt nur das Gebiet um die Adria. Möglichst ohne besagtem Tief. Mittlerweile glaube ich, dass mich die Leute dort auch schon erwarten, oder zumindest an meinem Gesichtsausdruck erkennen, dass ein rascher Aperol Spritz die Reisespannungen lösen würden…danke an die italienischen Fangemeinde!

Weil ich jetzt auch nicht so der Mensch bin, der am Strand sitzt und stundenlang aufs Meer schaut, hatte ich spontan die glorreiche Idee, einen Ausflug nach Caorle zu machen, dort hatte ich zuletzt vor 20 Jahren einen Altstadtbummel gemacht, also wirds Zeit.
Und es war toll, denn ich habe die „Scoglieraviva“ für mich entdeckt, das Projekt „lebende Klippe“. Kennt vermutlich jeder, nur ich habe es zum ersten Mal gesehen. Auch die Altstadt mit ihrer Supereisdiele hat Entzücken bei mir ausgelöst. Aber auch andere Kunstprojekte finden hier Platz. Die Stadt präsentierte sich im Häkellook. Alles was sich mit Wollarbeiten aufhübschen ließ, wurde um- oder behäkelt. Zumindest in dieser Saison, denn wie ich erfahren konnte, lassen sich die Einwohner dort immer wieder was Neues einfallen.

Lass uns nach Treviso fahren, war mein Weckruf am nächsten Morgen. Google-Maps für Fußgänger ist eine eigene Wissenschaft, überhaupt dann, wenn man so wie ich nicht weiß, wie man diese App korrekt bedient und die Sonne unbarmherzig aufs Display scheint. Aber das Universum war mir gnädig und hat mich dann nahezu von selbst zur Piazza dei Signori geführt, in die Bar Beltrami, die sehenswert unter einem Arkadenbaldachin liegt. Ein Welschriesling wäre jetzt fantastisch gewesen…

Treviso hat einen faszinierenden, tollen Altstadtkern der von vielen, kleinen Kanälen durchbrochen ist. Es gefällt mir hier!
Der Abend klang in der Strandbar in Cavallino aus, wo ich Familien beobachtete, die mit aufblasbaren Pinguinen, Orka-Walen nebst Kindern durch den hohen Sand in die Urlaubs-Ressorts zurück stapften…ein Anblick bei dem ich mir vorstellte, wie es wohl gewesen wäre, hier mit meinen Kindern hier zu urlauben.

Burano und Murano stehen am Plan. Das sind Ziele, die den Tag künstlich schnell vergehen lassen, weil man mehr im Vaporetto sitzt, als zu fuß geht. Und diese Schiffe tuckern im Schneckentempo von einer zur nächsten Laguneninsel. Burano hat einen marod-kindlichen Charme, ist bunt, laut und bekannt für seine Spitzenverarbeitung. Man schlendert zwischen einem Espresso und Aperol durch das Fischerdorf und hofft, dass der nach wie vor, schief im Fundament verankerte Kirchturm dort nicht plötzlich umfällt. Die Kirche San Martino ist wunderschön, italienisch, kühl. Und weiter gings nach Murano – ein Urlaub im Zeitraffer, ja, ich bin mir dessen vollends bewusst, ich will ja wieder heim.

Murano ist eine Insel mit Leuchtturm und Sitz der Glashersteller. Von Venedig verbannt, weil immer wieder akute Brandgefahr von diesem Handwerk ausging, verkaufen hier Hersteller, Designer und Händler ihre Glasprodukte. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wer Glas aus Murano und nicht den Ramsch aus China verscherbelt. Nach einem kurzen, aber intensiven Shoppingtrip war es Zeit, nach Cavallino zurückzukehren…man will ja wieder ins Hotelzimmer, schnell schlafen um dann endlich heim zu kommen.

Am Heimweg dann, bin ich noch schnell in Richtung Cividale del Friuli abgebogen. Der Ort bot alle Schikanen, die so ein Altstadtbesuch in Friaul zu bieten hat. Direkter Sonnenschein auf das Display des Parkscheinautomaten, ein genervter Ehemann und als ich endlich einen Parkschein hinter meine Windschutzscheibe klemmen konnte, bin ich dann auch noch in die falsche Richtung gelaufen. Google für Fußgänger ist scheinbar nichts für Menschen wie mich, die normalerweise intuitiv unterwegs sind. Und der Eissalon war zu.
Aber es begab sich, dass ich dann doch plötzlich auf der genialen, extrem schönen, unglaublichen „Ponte Diavolo“ gestanden bin und von da weit hinunter auf das glasklare Wasser, des Natisone blicken durfte. In so einem Moment, bei 32 Grad, völlig dehydriert, verschwitzt, fix und fertig, machten sich dann tatsächlich sogar Glücksgefühle in mir breit.

Sieben Stunden später war ich daheim, geduscht in flockige Gewänder gehüllt, vor mir ein Glas Welschriesling und dem Wissen, jetzt glücklicherweise ein Jahr nicht mehr weg zu müssen aus meinem wunderbaren, selbst kreiertem Shangrilah.
Fotocredits: Regina Courtier
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