Der Mann mit der rote Leiter
Markus Rumpler öffnet seit 20 Jahren Tore und Höfe – das Höfefest macht Groß-Enzersdorf im September wieder zur großen Bühne.

Aufg’sperrt ist – reinschauen, reinhören und mitfeiern ist die Devise in Groß-Enzersdorf. Das Höfefest ist im September wieder am Start, und ganz vorne dabei ist Initiator und Organisator Markus Rumpler. Seines Zeichens Zuagroaster, also Wahl-Groß-Enzersdorfer – und das schon seit Jahrzehnten. Aber wer im Weinviertel beziehungsweise im Marchfeld nicht mindestens in dritter Generation mit Stammbaum wohnhaft ist, bleibt eben, was er seit Jahrzehnten ist: ein Zuagroaster.

Fremd sein hat allerdings auch Vorteile – es befähigt zu einem anderen Blickwinkel. Genau der brachte Markus Rumpler vor 20 Jahren auf eine Idee: Nicht nur er war neugierig, was sich hinter den meist verschlossenen Höfen im Stadtl verbirgt. In Wahrheit ist das ja ein bissl mysteriös. Wie sieht’s hinter den Toren und hohen Mauern aus? Am besten nehmen wir mal eine rote Leiter und schauen drüber.
Das mit der Leiter kam später – zuerst stand die Grundfrage im Raum. „Ich war in der Gemeinde in einem Bürgerbeteiligungsprozess dabei, und der Tenor war: Bei uns gibt’s nix. Groß-Enzersdorf ist eine Schlafstadt, das gesellschaftliche und kulturelle Leben spielt sich in Wien ab. Ich hab’ mich dann mal umgesehen und festgestellt, dass es einiges gibt. Ich selbst hab in einer A-Capella-Band und im Franzensdorfer Kirchenchor mitgesungen, da war das Kunst.Lokal, der Kotter, Musikvereine, Musiker … also echt viel Potenzial“, erzählt Markus Rumpler. Mit dieser Antwort kam die Vision: Öffnen wir ein paar Höfe und bespielen sie mit Künstlern aus der Stadt. „Ich dachte, wenn wir zehn Höfe zusammenbringen, probieren wir’s aus.“
Nicht nix, sondern viel Potenzial
Bäckermeister Othmar Müller und Eissalon-Betreiberin Judith Jahoda waren die ersten, die zusagten, und in kürzester Zeit hatten sich 14 Hof-Gastgeber gefunden. Für das Event wurde ein Sonntag festgelegt – „damit die Leut’ rechtzeitig heimgehen und wir kein Problem mit Ruhestörung bekommen. Schließlich müssen’s alle am Montag wieder arbeiten“, grinst Rumpler.

Das erste Programmheft bestand aus 1.500 kopierten Schwarz-Weiß-Zetteln, und die Acts kamen aus örtlichen Vereinen, Blasmusik und Chören. Und das Fest war ein voller Erfolg. „Es war ein lauer Spätsommerabend, 2.000 Leute sind gekommen und die Stimmung war sensationell“, erinnert sich Markus Rumpler.
Bei der Nachbesprechung waren sich alle einig: Das machen wir nächstes Jahr wieder. Beim zweiten Mal waren’s schon 20 Höfe, und am 7. September 2025, beim 13. Höfefest, werden es 22 sein. Das Publikum nimmt’s begeistert auf.

Zu Beginn war das Fest wie ein Groß-Enzersdorfer Familienausflug – ein Fest für die Einheimischen. „Das war ja auch der Ursprungsgedanke: Wir bieten Künstlern aus Groß-Enzersdorf und Umgebung eine Bühne und laden die Leute aus der Region ein – quasi ein Familienfest.“ Was so gelungen ist, bleibt allerdings nicht lange ein Geheimtipp. Mittlerweile kommen Besucher von überall her. Eh klar – viele Musiker bringen ihre Fans mit, dazu kommt viel Mundpropaganda, und die Zahl der Stammgäste wächst von Jahr zu Jahr.
Die meisten Künstler stammen nach wie vor aus dem Großraum Groß-Enzersdorf oder haben eine Verbindung zur Stadt. Doch längst liegt das Geheimnis des Höfefests in der bunten Mischung aus Hobbykünstlern und Profis. „Ich bin quasi die Drehscheibe für die Künstler, ich kuratiere die Veranstaltung und motiviere die Gastgeber“, erklärt Markus Rumpler seine Rolle. Die Künstler motiviert er ebenfalls – etwa bei seinen „Privat-Castings“: „Ich geh’ zu den Musikschulen, höre mir die Kinder an und frag Talente, ob sie nicht auftreten wollen.“

Jahrelang mietete er sogar einen Konzertflügel, ließ ihn mitten in der Kirche aufstellen und bat die Kinder auf die Bühne. „Da erlebt man die vielseitigsten Nachwuchskünstler. Bei der Matinee spielen sie Klassik, und am Nachmittag stehen sie auf einer Hofbühne und performen Heavy Metal.“ Markus Rumplers Liebe zur Musik ist spürbar. „Ich hab’ eine Zeitlang überlegt, Gitarre zu studieren, aber mit der Wirtschaftsuni war ich dann doch ökonomisch auf der sicheren Seite.“ Als Profi-Gitarrist wäre er wohl auch nicht aus Herzogenburg nach Groß-Enzersdorf gezogen. Iglo – wo er bis heute als Prokurist tätig ist – hat ihn zum Marchfelder gemacht.

Seine Management-Qualitäten kommen dem Höfefest und seinen Besuchern jedes Jahr im September zugute. Immerhin schafft er es, Musiker zu motivieren – ohne Gage. Denn das Event wird immer noch großteils privat finanziert, genauer gesagt investiert „Hofmeister“ Rumpler selbst. Zum 50. Geburtstag hat er sich das Fest quasi geschenkt: „Schließlich kann ich ja meinen Runden auch ganz groß feiern – warum nicht?“
Aus den Schwarz-Weiß-Zetteln ist inzwischen ein professionelles Werbekonzept geworden – mit kampagnenfähigem Leitmotiv: die rote Leiter, die an den offenen Höfen lehnt und über die Neugierige klettern, um ins Innere zu blicken. Junge Talente und Hobbykünstler nutzen die Chance, vor großem Publikum aufzutreten, und etablierte Musiker lockt Rumpler mit Charme: „Sie können bei uns ihre neue CD präsentieren, einen öffentlichen Probennachmittag abhalten und Kontakte knüpfen.“

Einige Hofbesitzer sind längst Fixstarter – und nicht nur das: Sie organisieren ihr eigenes Programm, investieren selbst und sorgen für künstlerische Highlights. Dieses Jahr wird „Wiener Wahnsinn“ im Burghof aufspielen. Und nicht nur die Kult-Rockband bringt Stimmung in die Stadt: Der Burghof wird erstmals durchgehend bespielt, der größte Kinderchor der Stadt ever – der „Chor der Monsterfreunde“, zusammengesetzt aus 25 Volksschulklassen – wird auftreten. Dazu gibt es Volkstanz, Swing & Lindy Hop, Rock’n’Roll, Schrammel- und Blasmusik.

Und wenn der Hofmeister einen Wunsch freihätte? Es wären gleich zwei: ein bisschen mehr vom Kulturbudget der Stadt – die Gemeinde unterstützt aktuell mit 3.000 Euro und Infrastruktur – und eine verkehrsfreie Bundesstraße am Festtag. „Aber da haben wir wohl mit knapp 3.000 Gästen noch zu wenig Besucher“, meint Rumpler.

Das könnte sich bald ändern, denn das Höfefest ist längst kein Groß-Enzersdorfer Familiengeheimnis mehr. Wer einmal da war, kommt meist wieder – ebenso wie die Hofbesitzer. Trotz des Mega-Aufwands sind auch beim 13. Fest wieder einige Fixstarter dabei, dazu ein paar Neueinsteiger. Genug also zum Schauen und Hören für alle Neugierigen, die schon immer mal einen Blick in den Hof vom Nachbarn werfen wollten.
Beitragsbild: Markus Rumpler, Mastermind des Höfefests Groß-Enzersdorf. © Dr. Herbert Slad
Hier geht’s zum Programm des Höfefests am 7. September 2025
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